Oktober 8, 2024 - 9 Min Lesezeit Die mystische Kraft der Typografie

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EIN BILD SAGT MEHR ALS TAUSEND WORTE … ABER WIE VERSTEHEN WIR DIESE RICHTIG?

Das Wort ist allgegenwärtig. Trotz der überwältigenden Fülle an Bildern, die über die Medienkanäle täglich auf uns einströmen. Es bedarf stets eines klaren Kontextes, um die visuell aufgenommenen Informationen und Emotionen eindeutig ins System zu setzen. Manchmal reicht ein einziger Begriff, der das Unternehmen oder die Marke benennt. In den visuellen Medien stehen uns zur Gestaltung dieser Botschaften unzählige Schriften zur Verfügung. Aber wie sind diese eigentlich entstanden? Was können wir daraus für die heutige Verwendung lernen?

VON BASTARDEN, SCHWARZER KUNST UND TRANSFORMATION

Die moderne Schriftgestaltung hat ihren Ursprung in Johannes Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks mit seinen beweglichen Metalllettern und der Druckpresse. Diese Technik revolutionierte Mitte des 15. Jahrhunderts die traditionelle Methode der Buchproduktion des Abschreibens per Hand, die meist von Mönchen in Klöstern praktiziert wurde. Die neue „schwarze Kunst“ des Buchdruckens erlaubte es von nun an, Druckerzeugnisse schneller, billiger und in größeren Mengen zu produzieren, was die epochalen Entwicklungen von Humanismus, Reformation und der Alphabetisierung befeuerte. Ahmte die Schrift der Gutenberg-Bibel (Textura) noch stark die gebrochenen Handschriften nach, so entwickelten sich bald neue Druckschriften (humanistische Minuskeln/Antiqua und diverse Bastarde), die sich besser für den Druck auf Papier („Weiße Kunst“ des Papiermachens) eigneten, als auf das bis dahin verwendete Pergament.

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DIE BESTEN GESTALTER AUS GANZ EUROPA

Mit der Verbreitung des Buchdrucks fand in den folgenden Jahrhunderten über ganz Europa hinweg die Entwicklung der wichtigen Antiqua-Schriften statt. Die aus Deutschland, Venedig, den Niederlanden, England und Frankreich stammenden Drucker und Schriftengießer wie Nicolas Jenson, Claude Garamont, John Baskerville, Giambattista Bodoni waren so prägend, dass uns deren Namen noch heute in den Schriftmenüs geläufig sind. Alle Druckschriften werden noch immer nach der jeweiligen Ära der Entstehung und deren individuellen Gestaltungsmerkmalen klassifiziert.

EINFACH NUR GROTESK – ODER SCHON SCHWEIZER TYPOGRAFIE?

Die Gruppe VI dieser Klassifizierung fasst die jüngste und noch heute dominierende Schriftenfamilie zusammen: die Serifenlose Linear-Antiqua. Aufgrund ihrer zunächst als sonderbar wahrgenommenen Gestaltung, wird sie im Fachjargon bis heute als Grotesk-Schrift bezeichnet. Ihre Buchstaben zeichnen sich durch ihre an allen Stellen nahezu gleich starke Strichstärke und den Verzicht auf die Serifen der klassischen Antiqua-Schriften aus, weshalb sie international auch Sans Serif (franz.) genannt wird. Grotesk-Schriften kamen Anfang des 19. Jahrhunderts zunächst in England auf und wurden mit dem steigenden Bedarf an Werbeschriften, Beschilderungen und Anzeigen auch in den USA immer populärer. Aus der ersten deutschen Sans Serif, der „Akzidenz-Grotesk“, entwickelte sich Mitte der 1950er die berühmte Helvetica, welche die gedruckte Kommunikation über 50 Jahre prägen sollte.

KLARHEIT UND WIEDERERKENNBARKEIT IN DER GESTALTUNG

Die Erfindung von Lithografie und Offset-Druck ermöglichten zur Jahrhundertwende vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten, von denen in Druck und Reklame ausgiebig Gebrauch gemacht wurde. Vom Bauhaus inspiriert sorgte die „Neue Typografie“ ab 1923 für avantgardistische Klarheit, indem sie bewusst auf den übertriebenen Gebrauch von Zierrat, Rahmen und Ornamenten verzichtete und die Typografie so als selbstständige künstlerische Ausdrucksform etablierte. Jan Tschichold definierte bereits 1925 in einem Handbuch erste Regeln zur hochwertigen typografischen Gestaltung, welche 30 Jahre später in der Schweizer Typografie ihre nächste Entwicklungsstufe erreichte. Deren Gestaltungsraster, asymmetrisch sachliche Darstellung, Verwendung von Groteskschriften in wenigen verschiedenen Schriftgraden und extremen Weißräumen nahm das vorweg, was wir heute Corporate Design nennen: die konsequente Befolgung festgelegter Gestaltungsregeln, um eine visuell stringente Wiedererkennbarkeit zu gewährleisten.

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MUTIGE MARKEN GEHEN EIGENE WEGE

Auf dieser zunächst revolutionär puristischen Basis entwickelte sich über die folgenden Jahrzehnte ein meist kommunikativer Einheitsbrei, der in der Corporate Communication auf die überwiegende Verwendung von neutralen bis charakterlosen Groteskschriften wie Helvetica, Univers, Arial, … setzte. Nur wenige Gestalter und Marken hatten die Weitsicht und den Mut, daraus auszubrechen und eigene Wege zu gehen. Adrian Frutiger für den Pariser Flughafen Charles de Gaulles, Otl Aicher für die Olympischen Spiele in München und Kurt Weidemann in den 80ern für Mercedes-Benz waren rühmliche Ausnahmen, die schon früh neue individuelle Schriften gezielt für Leitsysteme und Erscheinungsbilder entwickelten. Im Falle Weidemanns sogar eine ganze Schriftenfamilie, die Corporate A-S-E, die entsprechend ihrer Kürzel neben einer Antiqua, vielseitig einsetzbar auch eine San Serif und eine serifenbetonte Egyptienne umfasst.

 

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DIE GROSSE CHANCE ZUM INDIVIDUELLEN BRANDING

Es ist aus markentechnischer Sicht also absolut sinnvoll und erfolgversprechend, nicht im einheitlichen „Grau“ von Helvetica-Derivaten und vorinstallierten Systemschriften mitzuschwimmen. Die gezielte Wahl individueller hochwertiger Satzschriften bietet die Chance zur klaren Differenzierung vom Wettbewerb und zur einzigartigen Positionierung am Markt. Bei einer Auswahl an – konservativ geschätzt – über 50.000 Schriftfamilien mit mehreren hunderttausend Einzelschnitten gibt es mit Sicherheit die Schrift/die Font-Kombination, die perfekt für Ihr Projekt und Ihre Marke passt. Sie rundet das Erscheinungsbild um einen entscheidenden Aspekt ab, der den Betrachter subtil Ihre höchst individuelle Qualität spüren lässt.
Starke Unternehmensmarken wie Coca-Cola, Apple, Google, Samsung, Netflix, Porsche und BMW setzen bei der konsequenten Umsetzung ihrer Corporate Designs wieder zunehmend auf individuell für sie gefertigte Customized Fonts. Die aktuellen Beispiele von Goldman Sachs und dem deutschen Hersteller von Haushalts- und Gewerbegeräten Miele zeigen, dass solche langfristigen Investitionen in eine individuelle Markenerscheinung sowohl in Consumer- als auch in B2B-Märkten getätigt werden.

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DIE VORTEILE EINER SPEZIFISCHEN FONT-WAHL FÜR IHR CD

  1. Differenzierung vom Wettbewerb
    Individuelle Schriften heben eine Marke von der Konkurrenz ab und ergänzen sie um ein einzigartiges visuelles Erkennungsmerkmal.

  2. Identifikation der Zielgruppe
    Sie machen die Kommunikation persönlicher und ansprechender, was zu einer stärkeren emotionalen Verbindung mit dem Publikum führt.

  3. Kohärente Wiedererkennbarkeit im Design
    Die durchgängige Verwendung von Corporate Fonts schafft ein langfristig konsistentes Markenerlebnis über alle Kanäle hinweg.

  4. Bessere Flexibilität und Lesbarkeit
    Moderne, variantenreiche Schriftfamilien ermöglichen eine optimale Lesbarkeit, individuelle Strukturierung und eine zeitgemäße Anmutung in allen Medien.

  5. Rechtliche Kontrolle und Sicherheit
    Klar definierte Fonts geben dem Unternehmen die vollständige Kontrolle über die Nutzung und reduzieren rechtliche Risiken durch Lizenz- oder Copyright-Verstöße.

NÜTZEN SIE DIE DYNAMIK NEUER TECHNOLOGIEN

Von der beweglichen Letter und Druckpresse, über die Schriftgießereien, die Lithografie und den Offset-Druck, bis hin zur modernen multimedialen Corporate Identity: Technologiegetriebene Unternehmen sollten die Möglichkeiten aufkommender neuer Kommunikationsmittel aufnehmen und zu ihrem Vorteil nutzen. Im Bereich der Typografie betrifft diese aktuell zunehmend der Einsatz von Dynamic Fonts. Die speziell im Bereich von Video, Animationen und Infografiken neuartige spannende Umsetzungen ermöglichen und sich hervorragend für eine zeitgemäße Kommunikation erklärungsbedürftiger technischer Produkte und Dienstleistungen eignet.

 

KEHREN SIE DIE TRANSFORMATION IHRER MARKE ERFOLGREICH NACH AUSSEN

Bei der Kreation einer modernen Markenerscheinung steht die Wahl der optimalen Unternehmensschriften zunächst natürlich nicht im Vordergrund. Aber sie kann das Corporate Design am Ende subtil – und sehr unterbewusst wirkend – abrunden, indem sie die Persönlichkeit der Marke perfekt widerspiegelt. Um diese zuvor entsprechend erfolgreich zu positionieren, empfehlen wir folgende Vorgehensweise:

  • Analysieren Sie Ihr Marktumfeld sorgfältig

    Wie verändert sich der Markt? Gibt es (Mega)Trends? Wer sind Ihre Wettbewerber? Wie positionieren sich diese? Wie treten sie kommunikativ auf?

  • Holen Sie sich professionelle Hilfe

    Welche Spezialisten aus Marktforschung, Markenberatung, Kreation, Content, Web, Social Media, … sollten Sie mit ins Boot nehmen, um Ihr Team bestmöglich zu unterstützen?

  • Überprüfen Sie die Zukunftsfähigkeit Ihrer Marke kritisch

    Stellen Sie Ihre Lösungen und Ihre Marke auf den Prüfstand! Haben Sie eine klar definierte Unternehmenskultur mit entsprechenden Werten? Eine übergeordnete Mission und Vision als Leitfaden?

  • Definieren Sie, wohin Ihre Reise gehen soll

    Wie modern, andersartig oder visionär kann und soll Ihre Marke in Zukunft auftreten? Können Ihre Produkte und Dienstleistungen damit (und mit den Marktanforderungen) mithalten? Gibt es definierte KPIs, die zu erzielen sind?

 

  • Evaluieren Sie die Rahmenbedingungen

    Welchen Zeithorizont, welche Dimensionen, welches Budget sind zur Umsetzung des neuen Erscheinungsbildes geplant?

  • Planen Sie realistisch – und ggf. in Stufen

    Gibt es ein fixes Veröffentlichungsdatum? Messetermin, Quartals-/ Geschäftsjahresabschluss, M&A, Jahresanfang, Managementwechsel, Nachfolgeregelung, Jubiläum, …?

  • Nehmen Sie alle Stakeholder mit an Bord

    Welche Decision Maker, Influencer und Show Stopper müssen rechtzeitig informiert und kontinuierlich involviert werden?

 

Autor: Michael

Michael Eschenlohr nützt im Sinne zielführender B2B/Marken-Kommunikation regelmäßig seine beiden Gehirnhälften. Als gelernter Grafik-Designer schlagen außerdem zwei Herzen in seiner Brust: das des Gestalters und das des Texters. Ersteres versucht er in der Zusammenarbeit mit unseren Designern stets diplomatisch im Zaum zu halten. Sein Faible für Typografie jedoch lebt er nach wie vor aus. Trifft hier doch im Idealfall beides symbiotisch aufeinander: die treffenden Worte und deren passende Form.

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